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MEDIA DESIGN | Bachelor Design Project | PERSPEKTIVWECHSEL oder das Homeoffice als Sehnsuchtsort
Deutschland, Donnerstag 22.10.2020 – Lockdown (light).
Es ist wieder soweit. Wir sollen drinnen bleiben, nur in wichtigen Fällen – zum Einkaufen zum Beispiel – ist es gestattet die Wohnung zu verlassen. Studium? „Massiv eingeschränkter Betrieb“, Corona-Ampel orange: überwiegend Onlineunterricht.
Die Verengung des Lebens-Raums auf die eigene Wohnung, das eigene Zimmer erhält ihren prägnantesten Ausdruck im, diesen Zustand nach außen repräsentierenden, Webcambild der Videokonferenzen. Ungewöhnliche Einblicke in das private Lebensumfeld, in die individuellen Lebens- und Wohnumstände. Die statischen und die Umwelt rahmenden Bilder in Zoom, Big Blue Button, Webex oder Skype sind Ausdruck der aktuellen Beschränkungen des persönlichen Lebensraums. Privates und Berufliches, Intimität und Öffentlichkeit rücken dabei auf engstem Raume zusammen. Das Webcambild ist gleichermaßen wichtiger Kommunikationskanal nach außen, wie Ausdruck der Begrenztheit. Die Optik der Kamera weißt die Dinge des persönlichen Umfelds in ihre perspektivische Ordnung, sortiert Hinten und Vorne, entscheidet über innerhalb (sichtbar) und außerhalb (unsichtbar). Bruno Taut bestimmte die Lebensferne, ja Destruktivität des monokularen, perspektivischen Bildes schon vor 100 Jahren entsprechend abschätzig:
„Was ist Perspektive? – Wenn eine Leiche ein Auge zukneift.“
Doch es eröffnen sich Möglichkeiten. Jenseits der systematischen Verflachung und Begrenzung des Raums durch die Webcam ist prinzipiell vieles denkbar. Im Schatten des Kamerabildes endet die Herrschaft der Perspektive. Hinter den Binnenhorizonten der erscheinenden Dinge, im Off des Bildausschnitts, im Backstagebereich von "Big Blue Button", da ist ein befreites Neudenken der eigenen, im Zugriff befindlichen Welt vorstellbar.
Aufruf
Mobilisiere die Perspektive der Kamerasicht. Tauche ein ins Bild. Entwirf das hinter den sichtbaren Flächen deiner Webcam verschattete "plus ultra" deines Homeoffice – das was Leben ausmacht, was derzeit fehlt, was nicht zugänglich, nicht erreichbar, zu gefährlich ist – was Sehnsüchte erzeugt. Gerafft, verdichtet, verschachtelt, hinter der Ecke, in der Ferne (ganz nah).
Dabei den Bezugspunkt der Beobachtung nicht verlieren, den Rückspiegel im Auge behalten. Wo und wie geht es Retour, zum Ursprung der Anschauung? Die Kamerasicht ist Heimat, Ruhepol, Sicherheit UND GLEICHZEITIG Anfang des Versprechens, Projektionszentrum einer offenen, grenzenlosen, visionären Welt, ist Scheinwerfer auf das Neue noch zu entwerfende. Zwischen dem Nullpunkt der im Objektiv gebündelten Linien und den Objekten "da draußen" spannt sich deine imaginäre Welt auf.
Projektidee- und Leitung: Dr. Philipp Reinfeld
Studentischer Tutor: Julius Dettmers
Studierende: Nele Aissen, Pinar Bayankulu, Tim Bichbeimer, Laura Bittner, Eileen Dietze, Niklas Drube, Emre Ertual, Sönke Förster, Therese Fuchs, Paula Götz, Isabella Hans, Leif Kruse, Amar Leila, Pia Melloh, Freya Meyners, Jan Eric Naeve, ara Neuhaus, ele-Marie Ohrdes, Luisa Plate, Katharina Plate, Jacob Schamerloh, Marcus Simonet, Laura Sommerfeld, Kira Sperling, Christine Steenken, Jan Strauch, Emma Pauline Thies, Isabel Vollmer, Basak Yapici, Leon Zimmermann, Alessa Zinn, Vanessa Zwinger