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ARCHITECTURAL DESIGN | 'Lib 686 _Entwurf eines gemeinschaftsstiftenden Inkubators am Rheinauhafen in Köln oder: "Zugegeben. Dieser Ort ist nicht ideal, um ein Buch zu finden."
Die Bibliothek als Wohnzimmer der Stadtgesellschaft
"Zugegeben. Dieser Ort ist nicht ideal, um ein Buch zu finden", sagt Knut Skansen bei der Tour durch sein Haus. Der Norweger ist Direktor der Deichman-Bjørvika-Bibliothek in Oslo. Er sieht kein bisschen zerknirscht aus bei dem Eingeständnis. Warum auch? Denn statt das Buch ins Zentrum ihrer Aufgabe zu stellen, wollen neue Bibliotheken den Menschen in den Fokus rücken, genauer: einer Gesellschaft, die sich immer mehr individualisiert, in Grüppchen aufspaltet und auseinanderdriftet, ein gemeinsames Wohnzimmer bieten. Bibliotheken in einem erweiterten Sinne dürften damit eine der wichtigsten Bauaufgaben der Gegenwart werden.
Wir suchen Antworten auf die Frage, was die heutige Stadtgesellschaft braucht, damit sie einen Ort zu ihrem Wohnzimmer macht. Abgesehen von dem Offensichtlichsten – einem attraktiven, zentralen und öffentlich gut angebundenen Bauplatz sowie ausgedehnten Öffnungszeiten – ist das sehr vieles, was man früher nicht mit einer Bibliothek in Verbindung brachte. Man soll hier Kurse in Robotik und im Computer Coding belegen oder seinen eigenen Podcast aufnehmen und Meetings abhalten. Alle Angebote und Räume sind online leicht buchbar und kostenfrei.
„Für uns ist das hier ein Beitrag, eine gleichberechtigte Gesellschaft zu schaffen“, erklärt Sanna Huttunen, die im Makerspace von Helsinkis Zentralbibliothek arbeitet. Nicht nur alte Leute seien im Nachteil, was die digitalen Werkzeuge betreffe, sondern auch finanziell weniger gut ausgestattete Menschen, so Huttunen.
Wie sehr das auch in Deutschland zutrifft, hat die Pandemie gezeigt. Für die Teilhabe an der Gesellschaft gibt es immer mehr digitale Zugangsbeschränkungen. Wer diese nicht passieren kann, bleibt draußen. „Bibliotheken sollten ein sehr optimistischer Ort sein. Einer, wo es um die Lösung von kleineren, aber auch den großen Problemen geht“, sagt Knut Skansen zu dem breiten Angebot im Deichman. Während man also so etwas wie eine Werkstatt für die moderne Stadtgesellschaft schafft, ist das Ziel klar: Der Besucher soll möglichst raus aus der eigenen sozialen Bubble mit den immer gleichen Themen und rein in das, was man heute die Diversität einer Gesellschaft nennt, wo also Alt und Jung, Arm und Reich, gesund und krank, mit Migrationshintergrund oder ohne, Hochkultur und Mainstream zusammenkommen.
Durch diese neue Art von Bibliotheken lässt sich etwas gewinnen, das heutzutage dringender denn je gebraucht wird: der Zusammenhalt einer Gesellschaft.
Prof.Matthias Karch
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Student work by: Dominic Wenkel with Jakub Knorr, Hangfeng Liu, Patrizia Hinners with Lea Schulze
Coachings by: Prof. Matthias Karch & Nicolai Schlapps