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ARCHITECTURAL DESIGN | Master Thesis Project | 'TANZT, TANZT, SONST SIND WIR VERLOREN' | Entwurf eines Zentrums für Tanz und Choreographie im Schöneberger Gasometer
Project description by the student
Der im Jahr 1910 errichtete Gasometer Schöneberg in Berlin ist seit 1995 außer Betrieb. Seit dem steht nur noch das weithin sichtbare Behältergerüst ohne wirkliche Funktion. Dies soll durch einen Ort für Tanz und Choreografie geändert werden.
Ein wesentlicher Bestandteil des Entwurfes ist es, dem bestehenden Gasometergerüst einen bedienenden Nebenturm zur Seite zu stellen. Dieser birgt mehrere Vorteile. Einer davon ist eine klare Eingangssituation, die durch die zwölf großen Öffnungen im bestehenden Gasometer nicht gegeben wäre, da diese zum Teil in Richtung des angrenzenden „EUREF-Campus“ liegen. Von einem Zugang aus dieser Richtung sollte bei der Planung abgesehen werden. Sinnvoller ist eine Orientierung zum angrenzenden Park. In dessen Zentrum wird nun der Nebenturm als eine Art Landmark platziert. Durch seine dortige Lage zwischen den Wegen fängt er die Besucher des Parks ab und ist leicht zu erreichen. Zudem bildet er den Kopf der großen Freifläche und gibt dieser eine Richtung vor. Mit seiner einfachen, geschlossenen Form hebt sich der Turm klar vom Gasometer ab und lässt diesem als Hauptgebäude genügend Freiraum.
Das Innere des angesprochenen Gasometers verfolgt die Hauptidee, eine redundante Erschließung auszubilden. Der Weg wird so zu einem Erlebnis. Dies gelingt durch eine große Spirale aus Rampen, welche sich durch das gesamte Gebäude ziehen und den Weg zeichnen. Die Rampen bieten die Möglichkeit das Gebäude beispielsweise mit E-Scootern oder Fahrrädern zu durchleben. Da die Rampen inmitten des Gasometers einen Freiraum lassen, entsteht ein großer Raum, der durch die Offenheit Blickbezüge herstellt und so den Besucher dazu verleitet, sich die nächsten Attraktionen ansehen zu wollen. An den Weg angrenzend und somit für den Besucher direkt einsehbar, befinden sich sowohl die verschiedenen Räumlichkeiten wie z.B. Probebühnen, als auch außenliegende Freiflächen, die mit dem Einsatz von Pflanzen eine erholsame Atmosphäre schaffen. Die Außenflächen grenzen über Eck an die Räume, sodass von dort ein direkter Zugang nach draußen ermöglicht wird. Teilweise liegen die Attraktionen auch direkt auf dem Weg, sodass der Besucher quasi gezwungen wird diese zu ergründen. Ein Beispiel ist die Bibliothek, welche die Steigung mit Hilfe von Podesten abfängt und so ungestörte Arbeitsbereiche ausbildet. Die Methodik des Faltens und Klappens um die Steigung zu überwinden taucht dabei immer wieder im gesamten Gebäude auf. So werden die Höhenversprünge z.B. über Sitzstufen wie beim Kino, den Bühnen bei den Proberäumen oder der großen Tribüne für den Veranstaltungssaal aufgefangen.
Um Unterbrechungen der fließenden Bewegung zu vermeiden, gibt es im gesamten Bereich innerhalb des Gasometers keine Nebenräume. Dies ist ebenfalls dem zweiten Turm zu verdanken, da sich hier alle notwendigen Räume wie Toiletten und Umkleiden, sowie Küchen und Lager befinden. Auch die Übernachtungsmöglichkeiten sind hier untergebracht, sodass das Innere des Gasometers frei von störenden Räumen ist und eine spannende, zusammenhängende, redundante Erschließung erlaubt.
Ergänzt wird diese fließende Bewegung durch einen weiteren Vorteil des Nebenturms, denn hier befindet sich die vertikale Haupterschließung des Gebäudekomplexes. Diese ermöglicht es den Eintretenden über die Treppe oder einen der diversen Aufzüge auch mit ihrem Fahrrad bis nach oben zu gelangen und somit das Gasometer von oben nach unten mit der Leichtigkeit des Tanzes zu erleben. Das ist auch die geplante Richtung des Rundganges. Der Besucher beginnt oben in der Ausstellung und wird auf dem Weg nach unten von verschiedenen informativen Räumen und Tanzeindrücken begleitet. Zwischendurch auf dem Weg gibt es Bereiche zur Erholung, wie ein Cafe oder Restaurant, sowie diverse Außenbereiche, die beispielsweise zum Lesen eines Buches aus der Bibliothek einladen.
Wem der Weg dabei zu anstrengend oder zu lang wird, hat diverse Möglichkeiten abzukürzen. Hierzu kann entweder einer der Aufzüge genutzt werden, dessen Wände gleichzeitig eine tragende Funktion übernehmen und das Gasometer ein wenig untergliedern oder eine der Brücken zum Nebenturm als Shortcut, wie z.B. den zum Veranstaltungssaal. Der Saal bildet mit seiner erdgeschossnahen Lage einen würdigen Abschluss des Rundgangs und liegt gleichzeitig dicht am Eingang, falls man als Zuschauer nur einer Veranstaltung beiwohnen will. Im Erdgeschoss befinden sich, zusätzlich zur Information und dem Foyer im Nebenturm, ein großes Foyer für Großveranstaltungen, sowie die notwendigen Werkstätten. Diese müssen für ein leichtes Arbeiten, auch an großen Requisiten, auf Höhe des Erdreichs geplant werden. Die vorhandenen zwölf Tore im Gasometer sind dabei optimal für entsprechende Anlieferungen. Die spiralförmige Anordnung der Rampen ist, durch die hauptsächlich transparente Fassade, von außen ablesbar. So entsteht zusammen mit den Besuchern im Inneren ein Auf und Ab, was die ursprüngliche Funktion des Gasometers als Teleskop-Gasbehälters wiederspiegelt. Je nach Füllstand hob und senkte sich, durch Teleskope, die Glocke des Gasometers. Unterstützt wird diese Illusion durch Vorhänge, die sich im gesamten Entwurf wieder finden und die Wirkung der Bewegung verstärken. Zudem kann so, je nach Bedarf, jeder einzelne Raum abgedunkelt oder Einblicke vermieden werden. Die Vorhänge dienen auch dazu, dem Nebenturm eine geschlossene Wirkung zu geben.
Das Konzept der erlebbaren, geschlossenen Durchwegung durch das Gasometer wird also durch den Nebenturm, perfekt ergänzt. Er ermöglicht eine freie und einfache Erschließung, sowie die Möglichkeit bestimmte Bereiche, die gut verteilt im Gasometer liegen zu erreichen. Er bildet einen Orientierungspunkt aus und gibt dem Gasometer eine Besonderheit, denn der Rundgang, der nicht wie gewöhnlich verläuft, stellt den gesamten Entwurf auf den Kopf.
Student work by: Merlin Wassmann
Coachings by: Prof. Matthias Karch, Prof. Dan Schürch & Team IMD _Justus Max Hoven, Dr. Philipp Reinfeld, Nicolai Schlapps
Co-examiner: Prof. Dan Schürch
Examiner: Prof. Matthias Karch