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ARCHITECTURAL DESIGN | Master Thesis Project | 'TANZT, TANZT, SONST SIND WIR VERLOREN' | Entwurf eines Zentrums für Tanz und Choreographie im Schöneberger Gasometer
Die Wuppertaler Choreographin Pina Bausch, von der das titelgebende Zitat stammt, hat den Tanz befreit von der bis dahin geltenden Gesetzmäßigkeit, dass es ein Hochleistungssport sei, den nur ganz junge Tänzer*innen und nur über kurze Zeit ausüben können. Sie arbeitete mit Tänzer*innen allen Alters und ihre Performances waren gerade deshalb so eindrücklich, weil sie den tanzenden Körper in seiner Zerbrechlichkeit und Imperfektheit zeigten ohne die Tänzer*innen je bloßzustellen. Im Gegenteil, weit mehr als eine perfekt ausgeführte Tanzbewegung berührte das Publikum doch, dass plötzlich Menschen und Persönlichkeiten sichtbar wurden, deren Biografien man über Jahre hinweg verfolgen konnte.
Der fulminante Erfolg von Sasha Waltz im Berlin der jungen 2000er Jahre ist ohne Pina Bausch nicht zu verstehen. Leider arbeitete Waltz nur kurz - mit einem transdisziplinären Ansatz - an der Schaubühne Berlin. Seither ist die experimentelle und zugleich lebensnahe Interpretation des Mediums Tanz, ist die Tanzszene in Berlin ohne rechte Heimat.
Eines der inkonischen, weithin sichtbaren Bauwerke Berlins ist der Gasometer in Schöneberg. Lange schon prägt er den Stadtteil, zu lange schon ohne rechte Funktion. Ein TV-Studio, das dort eingebaut war, ist seit wenigen Wochen abgebaut. Zugleich sucht der Berliner Senat derzeit Konzepte für ein 'Haus für Tanz und Choreographie'.
Uns erscheint die Radialgeometrie, die Höhe und Größe des Gasometers wie geschaffen dafür, dort hinein ein architektonisches Implantat zu planen, in dem die Bewegung von Körpern und Menschen im doppelten Wortsinne aufgehoben ist.
Prof.Matthias Karch
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Project descriprion by the student
Bei meiner Recherche für den Entwurf eines Zentrums für Tanz und Choreographie im Schöneberger Gasometer bin ich auf John Cage und Merce Cunningham gestoßen. Mich hat besonders die Idee der beiden fasziniert, dass die Zuschauer in ihren Aufführungen zu einem Teil der Performance werden und dass sie die Kontrolle über das Geschehen abgeben, indem sie gewisse Faktoren dem Zufall überlassen.
Ausgehend davon habe ich ein Konzept entwickelt welches diese Idee in Architektur übersetzen soll. Die Grundlage meines Entwurfs sind Durchwegungsstränge die von unten nach oben durch das Gebäude laufen und gleichzeitig auch die einzelnen Ebenen tragen. Es gibt insgesamt zwei vertikale Aufzugstränge und drei Treppenstränge die quer durch das Gebäude laufen und immer wieder die Richtung wechseln. Da die Position der Bodenplatten von der Steigung der Stränge abhängig sind ergeben sich viele unterschiedliche Raumhöhen zwischen den einzelnen Ebenen. Zusätzlich gibt es „Bühnen“ welche sich aus kleineren radialen Bodenplatten bilden. Diese sind auf der gesamten Höhe des Entwurfs eingestreut, so dass man auf seinem Weg durch das Gebäude immer wieder zufällig auf verschiedene Bühnen trifft. Da die Stränge wild durch das Gebäude laufen, führt das automatisch zu Situationen in denen die Zuschauer zum Darsteller werden, weil sie mehr oder weniger freiwillig mit ihrem Weg das Blickfeld der anderen Zuschauer zur Bühne durchkreuzen. Hierzu befinden sich immer wieder Blicköffnungen in den Strängen.
Um die einzelnen Funktionen im Gebäude unterzubringen habe ich manche Bodenplatten miteinander verbunden so das geschlossene Innenräume und offene Außenräume entstehen. Dies bringt eine zusätzliche Varianz in die Fassade und gewährleistet den ständigen Wechsel zwischen Innen und Außen bei der Durchwegung. Außerdem bieten jeweils 2 Strängen einen Zugang zu einer Ebene, während der dritte nur hindurchführt und dem Besucher nur ein Sneak Peek auf den Raum bietet. Dies soll die Neugier der Besucher wecken. An den Punkten, an denen die Stränge eine Ebene kreuzen, kann man auch jederzeit den Strang wechseln und den Weg in einem anderen Strang fortsetzen. Mit diesem Prinzip gibt es viele unterschiedliche Möglichkeiten das Gebäude zu erleben und bei jedem Besuch kann etwas Neues entdeckt werden.
Die Grundform ist wie die des Gasometers rund. Der Entwurf ist dezentral in dem Gasometer platziert und ragt über die Oberkante der vorhandenen Struktur heraus um sich klar von dieser abzugrenzen. Durch die dezentrale Platzierung entstehen außerdem unterschiedliche Distanzen zu der Struktur, was zusätzlich für eine differenziertere Raumwahrnehmung sorgt.
Zur Grundrissgestaltung habe ich verschiede Prinzipien angewandt. Zum einen habe ich Wände auf den Ebenen platziert die immer Parallel zu einem der Stränge laufen und so verschiedene Raumabgrenzungen bilden, außerdem habe ich vereinzelt Boxen und Bubbles auf den Ebenen verteilt und mit dem Prinzip eines relativ freien Grundrisses gearbeitet indem der Raum vor allem durch Möbel bespielt wird. Meine Idee der verschiedenen Prinzipien soll vermeiden, dass sich die Grundriss wiederholen, soll dem ganzen aber trotzdem paar Regeln geben, damit man bestimmte Muster wiedererkennen kann und das Gebäude als Ganzes fungiert.
Student work by: Julia Metzger
Coachings by: Prof. Matthias Karch, Prof. Dan Schürch & Team IMD _Justus Max Hoven, Dr. Philipp Reinfeld, Nicolai Schlapps
Co-examiner: Prof. Dan Schürch
Examiner: Prof. Matthias Karch